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25.03.2025

Arbeitszeitunterschiede zwischen Frauen und Männern verringern sich nur langsam

Die Zahl der von berufstätigen Frauen jährlich geleisteten Arbeitsstunden liegt im Schnitt 24 Prozent unter der der Männer. Sie ist damit nur 4 Prozentpunkte niedriger als vor 25 Jahren. Hauptgrund sind die über den gesamten Erwerbsverlauf hinweg deutlich höheren Teilzeitquoten von Frauen.

Arbeitszeitunterschiede zwischen Frauen und Männern verringern sich nur langsam

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten jener der Männer angenähert. Zuletzt war fast die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland weiblich. Doch das impliziert nicht die gleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt. Denn die reinen Personenzahlen berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Arbeitszeiten von Frauen und Männern. Das zeigt eine Analyse zum Gender-Working-Time-Gap, also zur Arbeitszeitlücke zwischen Männern und Frauen. Sie beruht auf Ergebnissen der IAB-Arbeitszeitrechnung zu den durchschnittlich geleisteten Jahresarbeitszeiten von beschäftigten Männern und Frauen (siehe Infokasten „Die IAB-Arbeitszeitrechnung“).

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist ausschließlich bei den Teilzeitbeschäftigten gestiegen (lesen Sie hierzu einen 2023 erschienenen IAB-Forschungsbericht von Susanne Wanger). Während mittlerweile fast 60 Prozent aller beschäftigten Frauen in Teilzeit arbeiten, sind es bei den Männern rund 20 Prozent.

Zudem arbeiten Frauen und Männer in Vollzeit-, Teilzeit- und Mini-Jobs unterschiedlich lange. Dies trägt ebenfalls – wenn auch in geringerem Maße – zum Gender-Working-Time-Gap bei. So war die Jahresarbeitszeit bei vollzeitbeschäftigten Frauen im Jahr 2023 rund 5 Prozent kürzer als die der vollzeitbeschäftigten Männer.

Dies liegt zum einen daran, dass Männer und Frauen in verschiedenen Berufen und Branchen tätig sind. Zum anderen leisten Männer mehr Überstunden oder sind häufiger in Führungspositionen mit sehr langen Arbeitszeiten tätig. Aber auch die durchschnittliche Jahresarbeitszeit von Frauen in regulärer Teilzeit liegt um 5 Prozent, die von Frauen in Minijobs sogar um fast 20 Prozent unter der von Männern.

In der Summe schlagen sich die unterschiedlichen Teilzeitquoten und Wochenstunden von Frauen und Männern in den einzelnen Erwerbsformen in einer stark divergierenden Jahresarbeitszeit nieder: Insgesamt verbringen Frauen im Durchschnitt rund 350 Stunden im Jahr weniger mit Erwerbsarbeit als Männer. Der Gender-Working-Time-Gap betrug damit im Jahr 2023 durchschnittlich 24 Prozent (siehe Abbildung 1).

In den vergangenen Jahren haben sich die Arbeitszeiten von Männern und Frauen nur langsam angenähert. Die Arbeitszeitlücke war 2023 zwar um gut 100 Stunden geringer als noch vor 25 Jahren, sie lag jedoch nur 4 Prozentpunkte unter dem Stand von 2000. Dies ist nicht auf eine Erhöhung der Arbeitszeiten von Frauen zurückzuführen, sondern im Wesentlichen darauf, dass die durchschnittliche Arbeitszeit der Männer stärker gesunken ist als die der Frauen, da auch bei Männern die Teilzeitarbeit deutlich zugenommen hat.

Gender-Working-Time-Gap ist je nach Lebensphase unterschiedlich groß

Teilzeitarbeit spielt für Frauen in allen Altersgruppen eine bedeutende Rolle, anders als bei Männern (siehe Abbildung 2). Bei Frauen nimmt der Anteil der Teilzeit insbesondere mit der Familiengründung zu und bleibt auch danach die Haupterwerbsform. Besonders Mütter reduzieren oft dauerhaft ihre Arbeitszeit und sind weiterhin in Teilzeit tätig, selbst wenn ihre Kinder älter werden. Frauen übernehmen meist auch die Pflege von älteren Angehörigen und treten dafür im Beruf kürzer, wie eine aktuelle Studie von Johannes Geyer und anderen zeigt.

Im Gegensatz dazu überwiegt bei Männern klar die Vollzeitarbeit, obwohl die Teilzeitbeschäftigung auch bei ihnen in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Männer arbeiten am ehesten zu Beginn und am Ende ihres Berufslebens in Teilzeit. Dies geschieht beispielsweise während der Schul- oder Studienzeit oder wenn sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden, etwa durch Altersteilzeit oder als Minijobber in der Rente. Während der Familienphase, also in der Zeit der Familiengründung und Kindererziehung, arbeiten Männer hingegen meist in Vollzeit.

An dem Befund, dass Frauen sehr viel häufiger in Teilzeit arbeiten als Männer, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nichts geändert. Im Gegenteil: im Vergleich zum Jahr 2000 sind die Teilzeitquoten der Frauen deutlich gestiegen (siehe Abbildung 3). Vor allem in den unteren Altersgruppen bis 25 Jahre arbeiten deutlich mehr Frauen in Teilzeit, was eng mit dem Trend zur akademischen Ausbildung in Deutschland verbunden ist. Die Zahl der Studierenden stieg in diesem Zeitraum von 1,8 auf 2,9 Millionen, der Frauenanteil von 45 auf 51 Prozent.

Diese Entwicklung zeigt sich auch im Vergleich zwischen Auszubildenden und Studierenden: Während im Jahr 2000 das Verhältnis zwischen Auszubildenden und Studierenden nahezu ausgeglichen war, kamen im Jahr 2021 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes etwa vier Auszubildende auf zehn Studierende. Studierende arbeiten zudem häufig und in wachsendem Umfang nebenher in Teilzeit oder in Minijobs, was zu höheren Teilzeitquoten beiträgt (lesen Sie dazu auch einen aktuellen Beitrag von Timon Hellwagner und Enzo Weber im IAB-Forum).

In der Altersgruppe der unter 20-Jährigen gehen viele noch zur Schule und sind dann, wenn überhaupt, nur geringfügig erwerbstätig (siehe Abbildung 2). Bei den Frauen überwiegen in dieser Altersgruppe sogar die Minijobberinnen gegenüber den Auszubildenden.

Eine gegenläufige Entwicklung ist nur bei den älteren Beschäftigten festzustellen. Ihre Beschäftigungsquoten haben sich in den letzten Dekaden, wie beispielsweise Bernd Fitzenberger und andere in einem 2023 im IAB-Forum publizierten Beitrag zeigen, deutlich erhöht. Das hatte zur Folge, dass sich der Anteil der Minijobs, die häufig von Rentner*innen ausgeübt werden, in dieser Altersgruppe merklich verringert hat. Deshalb liegen die Teilzeitquoten bei den 60- bis 64-jährigen Männern und noch sehr viel stärker bei den Frauen dieser Altersgruppe deutlich niedriger als noch vor 20 Jahren.

Arbeitszeitunterschied zwischen Männern und Frauen ist bei den 35- bis 39-Jährigen am größten und sinkt danach nur leicht

Die unterschiedlichen Teilzeitquoten von Frauen und Männern spiegeln sich in den nach Altersgruppen differenzierten Jahresarbeitszeiten wider (siehe Abbildung 4). So ist in allen Altersgruppen eine Arbeitszeitlücke zu beobachten, der vor allem in der Familienphase, also bei den 30- bis 39-Jährigen, sehr ausgeprägt ist. Infolge der hohen Teilzeitquoten ist die Jahresarbeitszeit der erwerbstätigen Frauen hier besonders kurz. Und auch in den höheren Altersgruppen dehnen Frauen ihre Arbeitszeit allenfalls moderat aus. Die Differenz zwischen den Arbeitszeiten von Frauen und Männern sinkt nur leicht.

Die Jahresarbeitszeiten sind bei Männern in fast allen Altersgruppen gesunken – mit Ausnahme der Älteren. Hier haben die gestiegene Beschäftigung und die damit verbundenen geringeren Teilzeitanteile im Vergleich zum Jahr 2000 zu höheren Jahresarbeitszeiten geführt. Diese Entwicklung ist auch, und hier noch sehr viel ausgeprägter, bei den Frauen zwischen 60 und 64 Jahren zu beobachten.

Bei den Frauen fallen die Veränderungen der Jahresarbeitszeiten im Vergleich zum Jahr 2000 nur bei den 60- bis 64-Jährigen größer aus als bei den Männern. In den mittleren Altersgruppen sind sie hingegen geringer. Die im Vergleich zu früher geringeren Arbeitszeiten der Frauen im Alter zwischen 20 und 24 Jahren gehen auf die höhere Studierneigung zurück, was zu mehr Jobs mit kurzen Arbeitszeiten führt.

In der Altersgruppe der 25- bis 29-jährigen Frauen ist trotz eines Anstiegs der Teilzeitquote eine leichte Verlängerung der Arbeitszeiten zu beobachten. Das hängt mit einem geringeren Anteil von Minijobs mit sehr kurzen Arbeitszeiten zusammen. So erfolgt in dieser Altersgruppe häufig der Berufseintritt, denn die Phase der Familiengründung hat sich vielfach in höhere Altersgruppen verschoben. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist das durchschnittliche Alter von Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes auf 30 Jahre gestiegen.

Gender-Working-Time-Gap ist im Osten um 9 Prozentpunkte kleiner

Eine Analyse auf regionaler Ebene zeigt, dass der Gender-Working-Time-Gap in Ostdeutschland deutlich kleiner als im Westen ist. In Westdeutschland, wo traditionelle Geschlechternormen nach wie vor stärker ausgeprägt sind, liegt er bei 27 Prozent, in den ostdeutschen Bundesländern lediglich bei 18 Prozent. Hier sind Frauen schon seit DDR-Zeiten stärker in den Arbeitsmarkt integriert. Dies zeigt sich noch immer in einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie in niedrigeren Teilzeitquoten.

Zudem arbeiten ostdeutsche Frauen häufiger in vollzeitnahen Teilzeitpositionen. Während sich die Arbeitszeiten der Männer in beiden Regionen nur wenig unterscheiden, sind ostdeutsche Frauen durchschnittlich rund 10 Prozent länger erwerbstätig als westdeutsche. Sie leisten dadurch einen größeren Beitrag zum Familieneinkommen, wie Matthias Collischon und Florian Zimmermann in einem 2024 im IAB-Forum publizierten Beitrag gezeigt haben.

Wie lässt sich die Arbeitszeitlücke verringern?

Reformen in den vergangenen Jahren zielten darauf ab, die Erwerbsbeteiligung von Frauen, insbesondere von Müttern, zu fördern. Zu nennen sind hier zum Beispiel der Ausbau von Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren und die Änderungen beim Elterngeld mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Aufteilung der Elternzeit zwischen Müttern und Vätern.

Diese Maßnahmen zeigen Wirkung. Das belegen wissenschaftliche Studien wie von Franziska Zimmert aus dem Jahr 2023. So hatte die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren im Jahr 2013 positive Effekte auf die Erwerbsbeteiligung sowie die geleisteten Arbeitszeiten von Müttern. Die Integration von Müttern in den Arbeitsmarkt hat sich dadurch also deutlich verbessert.

Bemerkenswerterweise stieg nach der Einführung des Rechtsanspruchs zudem die von Müttern gewünschte Zahl der Arbeitsstunden. Die Arbeitszeitpräferenzen von Müttern hängen also offensichtlich auch von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab (lesen Sie hierzu einen 2022 im IAB-Forum erschienenen Beitrag von Timon Hellwagner und anderen).

Die Covid-19-Pandemie hat einmal mehr deutlich gemacht, wie entscheidend institutionelle Kinderbetreuung für die Erwerbstätigkeit von Frauen ist und wie schnell Frauen in traditionelle Rollen zurückgedrängt werden können, wenn diese Betreuung fehlt (lesen Sie dazu den IAB-Forschungsbericht 18/2023 von Susanne Wanger).

Familienpolitische Maßnahmen haben darüber hinaus das Potenzial, bestehende Geschlechterbilder zu verändern. Eine Studie von Ulrike Unterhofer und anderen aus dem Jahr 2017 zeigt, dass sich die Elterngeldreform von 2007 und die Einführung einer Väterquote positiv auf die Einstellungen zur Gleichstellung der Geschlechter ausgewirkt hat. Dies gilt nicht nur für die Väter selbst, sondern auch für deren Umfeld.

Dennoch fördern bestimmte institutionelle Regelungen wie Minijobs oder das Ehegattensplitting weiterhin das sogenannte Zuverdiener-Modell, bei dem der Mann voll- und die Frau teilzeitbeschäftigt ist. Diese Regelungen machen es für die Zweitverdienerin oft unattraktiv, ihre Arbeitszeit auszudehnen. Verschiedene Reformvorschläge zum Ehegattensplitting, mit dem Ziel die Belastungen der Zweitverdienenden zu reduzieren, werden seit geraumer Zeit diskutiert. Sie wurden aber bislang nicht umgesetzt.

Neben der Familienpolitik oder traditionellen Geschlechternormen beeinflussen auch betriebliche Arbeitszeitregelungen den Gender-Working-Time-Gap. Flexible, selbst bestimmte Arbeitszeitmodelle bieten die Chance, geschlechtsspezifische Beschäftigungsmuster nachhaltig zu verändern. So zeigt eine 2023 erschienene Studie von Johanna Elisabeth Pauliks und anderen, dass Mütter, die potenziell Homeoffice nutzen können, ihre Arbeitszeit tendenziell ausdehnen.

Je größer ein Unternehmen, so ein weiterer Befund, desto häufiger werden flexible Arbeitszeiten angeboten, und desto kleiner fällt die Arbeitszeitlücke zwischen Frauen und Männern aus. Dies haben Angelika Kümmerling und andere in einer 2017 erschienenen Studie herausgearbeitet. Flexible Gestaltungsspielräume bei der Arbeitszeit können für Beschäftigte zudem eine Möglichkeit darstellen, auf individuelle – auch kurzfristige – Bedarfe zu reagieren und trotzdem den Arbeitsumfang hochzuhalten.

Fazit

Seit der Jahrtausendwende hat sich der Gender-Working-Time-Gap, also der Unterschied zwischen den Arbeitszeiten von Männern und Frauen, zumindest leicht verringert. Das ist allerdings nicht darauf zurückzuführen, dass Frauen länger arbeiten, sondern darauf, dass Männer ihre Arbeitszeit verkürzt haben.

Trotz dieser Annäherung bestehen geschlechtsspezifische Muster in der Erwerbsarbeit fort. Männer sind nach wie vor überwiegend vollzeiterwerbstätig, während Frauen in vielen Lebensphasen mehrheitlich in Teilzeit arbeiten.

Die ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit trägt zu den erheblichen Geschlechterunterschieden auf dem Arbeitsmarkt bei. Denn Teilzeit- und insbesondere Minijobs sind in vielen Branchen nicht nur weniger gut entlohnt. Sie bieten auch weniger Aufstiegschancen und führen zu niedrigeren Rentenansprüchen (eine genauere Analyse hierzu bietet ein 2023 publizierter Bericht von Clara Schäper und anderen).

Um diese Ungleichheiten zu reduzieren und Hindernisse zu beseitigen, die Frauen und Männer daran hindern, Erwerbs- und Sorgearbeit gleichmäßiger aufzuteilen, müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert und aufeinander abgestimmt werden. Dazu gehören ein besserer Zugang zu bedarfsgerechter Kinderbetreuung, stärkere finanzielle Anreize für eine gleichmäßigere Aufteilung der Erwerbsarbeit- und Sorgearbeit und möglichst flexible, selbst bestimmte Arbeitszeitregelungen. Bessere Rahmenbedingen beeinflussen zugleich die Arbeitszeitpräferenzen von Müttern, denn sie führen tendenziell dazu, dass die gewünschte Zahl der Arbeitsstunden steigt.

Quelle: Wanger, Susanne (2025): Die Arbeitszeitunterschiede zwischen Frauen und Männern verringern sich nur langsam, In: IAB-Forum 18. März 2025, Abrufdatum: 25. March 2025