Ausbilderinnen in technisch-handwerklichen Berufen gewinnen, stärken und halten
Einführung
Wer sich mit Ausbilderinnen in handwerklich-technischen Berufen beschäftigt merkt schnell: Aussagekräftiges Zahlenmaterial ist rar, Publikationen speziell zu dieser Personengruppe quasi nicht vorhanden. Mit dem Themendossier versuchen wir eine Annäherung.
Ausbilderinnen und Ausbildern kommt in der beruflichen Bildung eine zentrale Rolle zu. Sie geben nicht nur prüfungsrelevantes Wissen im Rahmen der Ausbildungsordnungen weiter. Azubis profitieren auch von ihrer Berufserfahrung und ihren Verbindungen im Unternehmen. Ausbilderinnen und Ausbilder können Potenziale erkennen und fördern. Und sie vermitteln nicht zuletzt das berufliche Selbstverständnis, das zu jedem Beruf dazugehört. Ausbildende können zum Vorbild werden und mit ihrem Stil und ihrer Persönlichkeit Karrieren und Lebensläufe ihrer Auszubildenden prägen.
Viele Berufe in Industrie und Handwerk werden nach wie vor überwiegend von Männern ausgeübt. Die neuesten Zahlen zur Berufswahl bestätigen das Bild der letzten Jahre: Die beliebtesten Berufe unter Männern sind der Kfz-Mechatroniker oder der Elektroniker. Junge Frauen entscheiden sich für die Kauffrau für Büromanagement oder die Medizinische Fachangestellte. Entsprechend stellen jeweils Männer oder Frauen auch das Gros des Ausbildungspersonals. Doch auch in Berufen mit hohem Frauenanteil ist der Anteil der Ausbilderinnen manchmal vergleichsweise klein. So treffen in den Freien Berufen die ganz überwiegend weiblichen Auszubildenden auf in der Mehrheit (zwei Drittel) Männer als Ausbilder. Mit diesem Themendossier wollten wir Ausbilderinnen in technischen und handwerklichen Berufen auf die Spur kommen. Wie wichtig ist ihr Beitrag, um mehr Frauen für diese Berufe zu gewinnen? Was können Unternehmen tun, um für Frauen und damit auch für Ausbilderinnen oder Meisterinnen attraktiv zu sein?
Es gestaltet sich schwierig, ein auf Statistik beruhendes Bild von Frauen als Ausbilderinnen zu gewinnen. Forschung explizit zu Ausbilderinnen gibt es nicht, Statistiken konzentrieren sich auf das hauptamtliche Ausbildungspersonal. Nebenberufliche Ausbilder und Ausbilderinnen werden nicht erfasst. Förderprogramme und Initiativen zielen darauf ab, den Frauenanteil in technisch-handwerklichen Berufen insgesamt zu erhöhen oder Frauen bei einer Karriere als Führungskraft oder einer Unternehmensgründung zu unterstützen. Ausbilderinnen werden nicht konkret angesprochen, die Ausbildung läuft mit, so z.B. in der Meisterausbildung im Handwerk. So nähern wir uns dem Thema von mehreren Seiten.
Zunächst geben wir einen Überblick, wer eigentlich alles ausbildet und blicken auf die Statistik. Wir lassen sowohl zwei Ausbilderinnen, eine Tischlermeisterin und eine Elektroingenieurin, als auch zwei Wissenschaftlerinnen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung zu Wort kommen. Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke und die Präsidentin der IHK-Region Stuttgart, Marjoke Breuning, blicken in einem gemeinsamen Interview aus der Sicht der Kammern auf die berufliche Bildung und die Ausbildung. Nicht zuletzt geben wir Einblicke in gelungene Projekte und Programme und engagierte Unternehmen und zeigen, was andere tun, um Frauen für eine Karriere als Ausbilderin zu gewinnen.
Aus der Berufssoziologie wissen wir: Ab einem Frauenanteil von etwa 30 Prozent in der Belegschaft beginnen sich Dinge zu ändern. Ein Unternehmen wird attraktiver für weibliche Fachkräfte, wodurch es neue Potenziale am Arbeitsmarkt erschließen kann. Mehr Frauen wirken positiv auf das Betriebsklima. Gemischte Teams sind kreativer und erfolgreicher. Das Dossier macht deutlich, dass Frauen in technisch-handwerklichen Berufen insgesamt sichtbarer werden müssen, als Ausbilderin, aber auch als Mitarbeiterin, Führungskraft oder Chefin.