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Erfolgsfaktor Kulturveränderung

Die Rosenhagen GmbH krempelte ihre Unternehmenskultur um. Eine Geschichte darüber, wie Mut zur Veränderung sich auszahlt.

Die Rosenhagen GmbH begann vor fast 70 Jahren als Schmiede. Noch 2012 war der Betrieb fest in Männerhand. Heute beschäftigt die Firma im Metallbau drei weibliche Azubis und zwei Gesellinnen. Tochter Pia, Metallbaumeisterin, wird den Familienbetrieb eines Tages übernehmen. Wie ist der Wandel gelungen?

Erfolgsfaktor Kulturveränderung

In der Firma Rosenhagen aus Kleinburgwedel bei Hannover steht die nächste Generation bereits am Start. Pia Rosenhagen ist Meisterin im Metallbauerhandwerk und kümmert sich zusammen mit ihrem Vater, Firmeninhaber Heiko Rosenhagen, und weiteren Ausbildungshelferinnen und -helfern die Ausbildung der Azubis. Zurzeit schließt sie ihren Bachelor in Handwerksmanagement ab, der, wie die Ausbildung zur Metallbauerin und die Meisterausbildung, Teil des sogenannten Trialen Studiums ist. Diese Ausbildungskombination aus Gesellen- und Meisterprüfung und Bachelor-Abschluss hat sie über den elterlichen Betrieb absolviert. Auch unter den aktuellen technischen Azubis finden sich drei junge Frauen, hinzu kommen zwei Gesellinnen, bei insgesamt 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Im Vergleich zu anderen Handwerksbetrieben im gewerblichen Bereich ist das ein hoher Frauenanteil. Für Chefin Bianca Rosenhagen ist das ein großer Erfolg. Ihren Ausgang nahm die Geschichte 2012, als sie in die Firma einstieg und einen tiefgreifenden Entwicklungsprozess in Gang setzte.

Bianca Rosenhagen bringt als Physio- und Kindertherapeutin einen frischen Blick von außen mit und bemerkt schnell, dass es im Betrieb nicht wirklich rund läuft. Die damals 17 Mitarbeiter scheinen unzufrieden, das Betriebsklima verbesserungswürdig, der Stresspegel hoch. Ihr Mann hat bereits versucht, dem entgegenzusteuern, doch das harte Tagesgeschäft macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Bianca Rosenhagen hat im Gegensatz zu Ihrem Mann die Zeit, erst einmal systematisch vorzugehen, bevor sie konkrete Maßnahmen plant. Die neue Chefin lässt von der Innungskrankenkasse (IKK) eine Mitarbeiterbefragung rund um Gesundheitsthemen durchführen. Die Ergebnisse bestätigen die Einschätzungen: neben der körperlichen Belastung ist auch Stress ein Faktor. Die Rosenhagens wagen einen großen Schritt: Statt „nur ein paar Gesundheitskurse“ anzubieten, gehen sie in die Tiefe, an die Wurzeln der Stressfaktoren, und krempeln ihr Unternehmen um.

Bianca Rosenhagen und ihr Mann ändern Abläufe, schaffen effizientere Strukturen und verbessern vor allen Dingen die interne Kommunikation und das Miteinander. So führen sie beispielsweise in der Werkstatt einen gemeinsamen täglichen Morgenkreis ein, in dem sich alle zur Besprechung der anstehenden Arbeiten des Tages treffen und explizit äußern dürfen, was sie in der Zusammenarbeit gestört hat und was besser laufen sollte. Bewusst setzen sie auf eine Kultur der Fehlertoleranz und des gemeinsamen Lernens – etwas, das auch die Rosenhagens zunächst lernen und vorleben lernen müssen. Sie binden die Mitarbeiter besser ein, lassen neue Ideen und Verbesserungsvorschläge zu und kommunizieren offener.

Als die Firma immer weiter wächst und ein Neubau notwendig wird, erhält das neue Gebäude Umkleidemöglichkeiten für beide Geschlechter, obwohl im gewerblichen Bereich bisher keine Frauen arbeiten. Doch schon bald stellen die Rosenhagens die erste weibliche Auszubildende ein, und auch die älteste Tochter beginnt ihr Triales Studium.

Das Personalmarketing stellt Bianca Rosenhagen ebenfalls auf neue Füße. Sie knüpft Kontakte zu Schulen, stellt das Unternehmen bei Berufsorientierungsmessen vor, bietet Praktika an, führt die schon erwähnte Möglichkeit des Trialen Studiums ein, vernetzt sich mit Handwerkskammer und Innung und engagiert sich als Vorsitzende von SCHULEWIRTSCHAFT Niedersachsen, einem Netzwerk, dass sich für die Stärkung des Dialogs von Schulen und Unternehmen vor Ort einsetzt. Sie wird zur „Außenministerin“ der Firma Rosenhagen, so nennt ihr Mann sie heute. Auf diese Weise hat sie junge Frauen für die Metallverarbeitung begeistern können. Wie enorm wichtig dieser persönliche Kontakt und die Möglichkeit sind, während eines Praktikums das Handwerk ausprobieren zu können, zeigte sich während der Corona-Pandemie: Seit die Präsenzangebote ausfallen, bewerben sich nur noch junge Männer. Junge Frauen, so sagt Bianca Rosenhagen, hätten das Handwerk erstmal nicht auf dem Schirm. Ohne die Möglichkeiten von Messen und Firmenbesuchen schlügen die Klischees wieder durch. Frauen im Beruf seien wichtige Vorbilder für Mädchen in der Berufswahlphase, ist Bianca Rosenhagen überzeugt. Sie als Firmenchefin am Messestand hat bereits positiv gewirkt. Erst recht trägt ihre Tochter zu einem positiven Berufsbild bei, denn sie ist auf Baustellen selbstverständlich die Meisterin, leitet Azubis an und führt Gespräche mit Kundinnen und Kunden.

Unternehmen, die mehr Frauen gewinnen und zum Beispiel auch für Meisterinnen attraktiv sein wollen, rät Bianca Rosenhagen, an der Betriebskultur zu arbeiten und vor allem hinter den notwendigen kulturellen Veränderungen zu stehen. Wichtig sei es, kleine Schritte zu machen, nicht gleich zu viel zu wollen, und Erfolge auch zu feiern. Eine offene, transparente Kommunikation hält sie für ebenso wichtig wie eine tolerante Fehlerkultur. Viele Krankenkassen unterstützen Unternehmen bei Kulturveränderungen im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Auch die Handwerkskammern vor Ort beraten dazu.

Das Unternehmen

Die Rosenhagen GmbH wurde 1952 als Schmiede gegründet. Heute reicht das Leistungsspektrum von Treppen für den Innen- und Außenbereich über Dachterrassen, Überdächer, Vordächer und Balkone bis hin zu Betriebsausstattungen. Die Firma Rosenhagen ist Partnerorganisation der Initiative Klischeefrei.

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