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Forum 3: Gendersensible Berufsorientierung und Berufsberatung

Moderation: Kathrin Böhnke (Bundesinstitut für Berufsbildung)

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Aspekte und Anforderungen

Dorothea Engelmann von der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg führte als fachliche Leitung die Teilnehmenden ins Thema ein und referierte über die wesentlichen Aspekte gendersensibler Berufsorientierung und Berufsberatung. Als maßgebliche Faktoren, die für die Berufswahl entscheidend sind, nannte Engelmann die unterschiedliche Sozialisation von Jungen und Mädchen, kulturelle Vorstellungen, die Kenntnisse/Neigungen/Stärken/Interessen der Jugendlichen selbst, sowie Berufsbezeichnungen, die Jugendliche nicht ansprechen, und die Zugangsvoraussetzungen für den jeweiligen Beruf und den regionalen Arbeitsmarkt auf. All dies führe zu geschlechtsspezifischer Konzentration der Berufswünsche. Ziel der Berufsberaterinnen und -berater, so Engelmann, sei es, das Berufswahlspektrum zu erweitern. Als Anforderung an die Beratungskräfte sieht sie, eigene Rollenbilder zu reflektieren sowie Eltern und Lehrkräfte mit in die Beratung einzubeziehen. Die Beratenden der Bundesagentur würden, so Engelmann, hinsichtlich gendersensibler Beratung geschult.

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Aus der Praxis: Girls'Day und Boys'Day

Im Anschluss daran, stellte Anneka Merz, MINT-Botschafterin der Bundesagentur für Arbeit, die Aktionstage Girls’Day und Boys’Day sowie die Girls’Day/Boys‘Day-Akademien aus Baden-Württemberg vor. Der Girls’Day ist seit 2001 ein Angebot für Mädchen, um MINT-Berufe kennen zu lernen. Der Boys’Day bietet seit 2011 Jungen die Möglichkeit, soziale, erzieherische, pflegerische und Gesundheitsberufe auszuprobieren. Bei den Akademien handelt es sich um außerunterrichtliche, praxisorientierte und langfristige Berufsorientierungsprojekte. Beide Konzepte umfassen die drei Säulen „Bewerbungstraining“, „Praktika in Betrieben“ und „technische Workshops“. In der Girls'Day Akademie treffen sich Schülerinnen ab Klasse 7 zum Experimentieren und Herstellen von z. B. Kaleidoskopen oder Solarmobilen. Die Jungen, so Merz, seien offener und starten daher schon in der fünften Klasse mit der Boys'Day-Akademie, um über mögliche Berufe, Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten aus den Fachbereichen Erziehung, Soziales, Pflege und Gesundheit umfassend informiert zu werden. 

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Aus der Praxis: tasteMINT als Instrument gendersensibler Studienorientierung

Stephanie Hoffmann, Lehramtsstudentin im Master für Mathematik und Latein an der Universität Potsdam, stellte das Projekt tasteMINT vom Koordinationsbüro für Chancengleichheit der Universität Potsdam vor. tasteMINT steht für „Technik ausprobieren – Stärken entwickeln“. Seit 2011 bietet tasteMINT Schülerinnen vor der Wahl des Studienfachs die Möglichkeit, ihre Potenziale monoedukativ für den MINT-Bereich zu erproben. An drei Tagen durchlaufen die Teilnehmerinnen in einem personalen Potenzial-Assessment-Verfahren einzeln und im Team Anforderungssimulationen aus Mathematik, Informatik, Physik (Naturwissenschaften) und Technik, die für das Studium und den späteren Beruf im MINT-Bereich typisch sind. Dabei werden sie von fachkundigen Beobachterinnen und Beobachtern begleitet, die ihnen im Anschluss ein individuelles Feedback und eine Beratung geben, basierend auf eindeutigen, transparenten Eignungskriterien. tasteMINT ist kein Auswahlverfahren, sondern ein Selbstüberprüfungs- und Orientierungsinstrument; die Teilnehmerinnen lernen bei tasteMINT auch eine Hochschule von innen und andere Abiturientinnen in der gleichen Situation kennen.

Aus der Praxis: Das Berufsorientierungsprogramm (BOP)

Katrin Böhnke, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), stellte das Berufsorientierungsprogramm (BOP) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vor. Das Programm bietet Schülerinnen und Schüler der siebten und achten Klasse die Möglichkeit, zunächst ihre Stärken in einer Potenzialanalyse zu erkunden. Anschließend testen sie in den Werkstatttagen verschiedene Berufsfelder. Viele Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich im Berufsorientierungsprogramm (BOP) zum ersten Mal mit der Frage: „Was will ich später beruflich machen?“ Ziel des Programms: Junge Menschen anregen, sich mit dem Thema Berufsorientierung auseinanderzusetzen. Dies geschehe nicht im stillen Kämmerlein, so Böhnke, sondern in echten Werkstätten. Der pädagogische Ansatz und die Instrumente des Berufsorientierungsprogramms Potenzialanalyse und Werkstatttage bilden die ersten Glieder der bundesweiten Initiative Bildungsketten, die jungen Menschen in Deutschland einen reibungslosen Übergang von der Schule in den Beruf ermöglichen will. Die Jugendlichen sollen dabei nicht auf eine bestimmte berufliche Richtung festgelegt werden, sondern sehen, welche Möglichkeiten ihnen offenstehen. So können sie im Rahmen der Maßnahme aus 18 Berufsfeldern (nicht Berufen!) drei wählen, in den sie sich ausprobieren können (zum Beispiel Holz, Tiere, Pflege, Büro). Die Umsetzung sollte geschlechtersensibel gestaltet werden, so Böhnke. 

Fazit

Bei den Teilnehmenden am Forum herrschte Einigkeit darüber, dass es wichtig ist, so früh wie möglich mit gendersensibler Berufsorientierung zu beginnen.