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06.07.2020

„Das Geschlecht darf bei der Berufs- und Studienwahl keine Rolle mehr spielen“

Ein ausgeglichenes Verhältnis von Frauen und Männern in der Stadtverwaltung zu erreichen ist eines von mehreren Zielen der Stadt Bad Honnef. Im Interview spricht die Gleichstellungsbeauftragte Iris Schwarz über die Motivation für eine klischeefreie Berufs- und Studienwahl und Erfolge.

Iris Schwarz, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Honnef

Frau Schwarz, könnten Sie die Stadt Bad Honnef bitte kurz vorstellen?

Mein Name ist Iris Schwarz und ich bin bei der Stadt Bad Honnef (ca. 27.000 Einwohnerinnen und Einwohner) unter anderem als Gleichstellungsbeauftragte tätig. Die Stadt Bad Honnef überzeugt als Arbeitgeberin mit optimalen Rahmenbedingungen in einem modernen Arbeitsumfeld.

Als Gleichstellungsbeauftragte bin ich extern für die Einwohnerschaft der Stadt Bad Honnef tätig und intern für die Belegschaft der Stadtverwaltung Bad Honnef. Derzeit hat die Stadt Bad Honnef 279 Beschäftigte.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

Um dem gesetzlichen Auftrag der Durchsetzung von Gleichberechtigung von Frauen und Männern nachkommen zu können, ist die Basis meiner Tätigkeit die Vernetzung mit regionalen und überregionalen Frauenorganisationen. So habe ich von der Initiative Klischeefrei durch die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) erfahren.

Dem Gleichstellungsplan für die Stadtverwaltung Bad Honnef ist zu entnehmen, dass in den handwerklichen und technischen Bereichen Frauen und Mädchen deutlich unterrepräsentiert sind. Zudem kommt erschwerend hinzu, dass wir gerade in diesen Bereichen dringend Fachkräfte benötigen. In den sozialen Bereichen wie beispielsweise dem Jugendamt überwiegt dagegen deutlich der Anteil der weiblichen Beschäftigten, obwohl die Personalverantwortlichen sich eine ausgewogene Stellenbesetzung wünschen.

Die personelle Situation in unserer Stadtverwaltung unterscheidet sich nicht grundlegend von der vergleichbarer Stadtverwaltungen. Aber und gerade deshalb möchte ich mich dafür einsetzen, dass sich eine Veränderung vollzieht. Denn mittlerweile hat sich allgemein gezeigt, dass dort, wo bereits gemischte Teams gemeinsam arbeiten, die Erfahrungen durchweg positiv sind.

Die Initiative Klischeefrei steht für gleiche Verwirklichungschancen bereits bei der Berufs- und Studienwahl, aber auch auf dem Arbeitsmarkt und auf Karrierewegen. Als Gleichstellungsbeauftragte verstehe ich Chancengleichheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der alle Akteurinnen und Akteure unserer Gesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten können und sollten, ob in Kitas, Schulen, Hochschulen, Politik, Behörden oder Unternehmen. Ziel ist, dass das Geschlecht bei der Berufs- und Studienwahl keine Rolle mehr spielen darf.

Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein?

Für die Stadt Bad Honnef als Arbeitgeberin gilt, dass der Landesgesetzgeber die Aufstellung und Fortschreibung von Gleichstellungsplänen vorschreibt, was die strategische Arbeit für mehr Chancengleichheit auf kommunaler Ebene fördert.

Der Gleichstellungsplan unserer Stadt enthält für die nächsten Jahre Zielvorgaben, um in den Bereichen, in denen eine Unterrepräsentanz besteht, mittel- bis langfristig ein ausgeglichenes Verhältnis von Frauen und Männern zu erreichen. Hierbei spielt bei uns insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Rolle.

Als Gleichstellungsbeauftragte bin ich zudem in unsere Personalauswahlprozesse eingebunden und begleite diese. In dieser beratenden Funktion achte ich auf einen geschlechtersensiblen Umgang von der Stellenausschreibung bis hin zum Vorstellungsgespräch. Dabei habe ich die Möglichkeit, Klischees beispielsweise bei der Besetzung von Führungsaufgaben entsprechend zu begegnen.

Welche Erfolge haben Sie bisher mit Ihrer Arbeit erreicht?

Einen großen Erfolg können unsere Auszubildenden verbuchen, die zum vierten Mal in Folge im Rathaus eine Ausbildungsplatzbörse organisiert haben, die eine große Außenwirkung erzielt. Im letzten Jahr präsentierten sich 35 Unternehmen und Institutionen. Dabei wurde ein Besucherrekord aufgestellt: 650 Schülerinnen und Schüler informierten sich auf der Börse und nahmen die Gelegenheit wahr, Anstöße und Orientierung für die Berufswahl zu erhalten und erste Kontakte mit dem zukünftigen Ausbildungsbetrieb zu knüpfen. Dabei stellten die Auszubildenden natürlich auch ihre Arbeitgeberin, die Stadt Bad Honnef vor und gaben den Besucherinnen und Besuchern der Börse auf Augenhöhe Auskunft über die bei der Stadt angebotenen Ausbildungsberufe.

Die alljährliche Organisation der Ausbildungsplatzbörse und die Erstellung der dazugehörigen umfassenden Broschüre „Ausbildungsatlas“ ist ein ständiges Projekt der Auszubildenden der Stadt Bad Honnef. Damit so eine Veranstaltung gelingen kann, ist eine gute Vernetzung und Kooperation mit ganz vielen Akteurinnen und Akteuren wie insbesondere Schulen und Bildungseinrichtungen, regionalen und überregionalen Ausbildungsbetrieben unterschiedlichster Branchen, Berufsverbänden und nicht zuletzt auch Sponsoren wichtig.

Fakt ist: Wer bestens informiert ist, welche Berufswege und Karrieremöglichkeiten es gibt, wird offener für eine Berufswahl fern von Klischees sein.